Nachrichten aus dem Basislager

03.01.09 19:30

1BasislagerEintrag 02.01.2009 – El Chaitén, Südpatagonien:

07:00 Uhr: Patagonischer Regen schlägt windgepeitscht gegen unser Lager. Heute wird es wohl nichts mit unserem Aufstieg. Eigentlich wollten wir heute einmal zeitig über die Westroute vorstoßen.

08:30 Uhr: Blauer Himmel und strahlender Sonnenschein haben sich unter die Windböen gemischt. Wir schöpfen Hoffnung.

09:00 Uhr: Der Wind bleibt, aber wir steigen trotzdem auf.

09:30 Uhr: Und dann, endlich ist es geschafft. Wir haben ihn diesmal über die legendäre Westroute bezwungen: unseren Frühstückstisch!

Das Leben ist wundervoll!!!

1.800 Kilometer Patagonien liegen nun hinter uns, seit unserem letzten Bericht aus Puerto Montt. Bei der gedanklichen Zusammenfassung für diesen Bericht wird man sich dann erst richtig bewusst, was wir in diesen drei Wochen nicht schon alles gesehen und erlebt haben. Es sind gigantische Eindrücke, die trotz unserer Vorbereitung, der vielen Bücher und Bilder alle Erwartungen bei weitem übertreffen.

Patagoniens Landschaft mit ihren tausend intensiven Farben, der kristallklaren Luft, der schier unendlichen Weite und den Landschaftskontrasten ist überwältigend. Da liegen kalter Regenwald mit täglichem Niederschlag und staubtrockene Pampa nur 250 Kilometer auseinander. Stürme mit über hundert Stundenkilometern und Regen können in einer Stunde schon wieder im Sonnenschein enden und in drei Stunden schneit und graupelt es dann plötzlich – wohlgemerkt im Sommer! Gregory Crouch, US-amerikanische Bergsteigerlegende und Autor des Buches „Enduring Patagonia“ (Patagonien ertragen) meint dazu: „Es gehört mit Sicherheit zu den Gebieten mit dem schlimmsten Wetter in der Welt; andere mögen ähnlich übel sein, aber keines ist wirklich viel schlimmer. Es ist so schlecht, dass es fast schon eine Hauptattraktion von Patagonien ist.“

3BasislagerDem können wir nicht ganz zustimmen, denn auch wenn wir schon einen echten Sturm und ein paar Regentage erlebt haben, so begleitete uns doch die Sonne an nahezu allen wichtigen Orten, die wir bisher besucht haben… fast schon auf eine etwas unheimliche Art.

Als wir am 11. Dezember von Puerto Montt mit der Fähre nach Chaitén übersetzen, strahlt die Sonne und wir verbringen drei wundervolle Tage außerhalb der Stadt direkt am menschenleeren Sandstrand des Pazifik an dem uns mittags zwölf Delphine eine ganz persönliche Show boten - KEIN Scherz!

4BasislagerAußer einer kleinen Bauarbeiterbarracke ist niemand vor Ort, da der Vulkan Chaitén im Mai 2008 ausbrach und die Stadt nahezu im Ascheregen erstickt hat. Nach der Evakuierung kam dann zu allem Unglück noch eine große Schlamm- und Aschelawine und radierte einen großen Teil der Stadt einfach aus. Heute leben hier nur einige Bauarbeiter, die den Wiederaufbau und die Straßenführung vorbereiten und der obligatorische Gendarmerie-Posten. Die Natur erholt sich allerdings sehr rasch und bis 2010 sollten sowohl der Pumalin-Park als auch Chaitén wieder belebt sein.

2BaisislagerNach diesem beeindruckenden Start fuhren wir weiter, zunächst zum Ventisquero Colgante, einem hängenden Gletscher, und dann nach Coihaique, der letzten größeren Stadt vor Punta Arenas, der südlichsten Stadt Chiles. Dort erlebten wir in einem Seitental an der Laguna Elizade auch unseren ersten patagonischen Sturm… Mann (!) wir hätten nie geglaubt, das ein Fahrzeug mit 4,5 Tonnen Gewicht im Stand so hin und her gebeutelt werden kann – zeitweise hatte ich Angst, dass irgendeine Aufhängung bricht. Unnötig zu erwähnen, dass es eine sehr kurze (schlaflose) Nacht war. Aber letztendlich ging nichts zu Bruch und wir sind uns wieder einmal bewusst geworden, was für kleine Spielbälle wir doch in diesem Kosmos sind.

Aber dafür hatten wir kurz darauf wieder Glück mit dem Wettergott und erlebten den Lago Carrera Austral, Südamerikas zweitgrößten See, mit all seinen Facetten in einer einzigartigen Mischung aus Sonne und Sturm. Hier verbrachten wir Weihnachten in einem einsamen Seitental, am Fuße des San Valentin Gletschers im Campo Hielo Norte, dem nördlichen Eisfeld Patagoniens. So ein Weihnachten haben wir noch nie erlebt. Kein Geschenke-Stress, keine Weihnachtsfeiern, keine genervten Mitmenschen.

5BasislagerUnd auch wenn die Familie ein wenig fehlte, ließen wir es uns in alter Tradition gutgehen - wir hatten uns vorab ein schönes Stück Rinderfilet besorgt und haben Heiligabend bei selbstgemachten Soßen am Fondue (auf dem Campingkocher) verbracht. Ein Regenbogen war unser Heiligabendgeschenk und am ersten Weihnachtsfeiertag spülte uns der Gletscherfluss einen dicken Eisbrocken direkt vor unser Wohnmobil. Da das Eis beim Abbruch circa tausend Jahre alt ist, nutzten wir die Gelegenheit des spontanen Geschenkes und mixten uns einen „Whiskey-on-the-Rocks“ mit tausend Jahre alten Eiswürfeln.

Was will man da noch mehr: das Leben ist wundervoll!!!
 

Und dann ging es weiter nach Argentinien zu den Gipfeln des legendären Cerro Torre und Monte Fitzroy, wo wir Silvester verbrachten. Und auch hier schien für uns die Sonne (wie bereits erwähnt, langsam fast schon unheimlich…). Vor unserer Ankunft war es die Woche über wolkenverhangen, regnerisch und stürmisch. Am Tag nach unserer Ankunft hatten wir dann strahlenden Sonnenschein und die eher seltene Gelegenheit beide Berggipfel, den Cerro Torre und gleichzeitig den Fitzroy wolkenfrei zu genießen. Hier werden wir wohl noch einige Tage verbringen, bevor es weiter südwärts geht, zunächst zum Perito Moreno Gletscher und dann weiter in den Torres de Paine Nationalpark, der dann wieder in Chile liegt.

Und auch wenn die Bilder zu diesem Bericht aufgrund des langsamen Internets noch ein paar Tage auf sich warten lassen werden wünschen wir Euch auf diesem Wege mit den Bildern ein gutes Neues Jahr, viel Glück, Gesundheit für Alt und Jung und dass die ganz persönlichen Träume jedes Einzelnen sich erfüllen mögen!