... und das „Beinahe-Ende“ unserer Reise
Endlich, wir haben es geschafft! Nachdem wir in Punta Arenas aufgebrochen sind und die erste Estancia (große Schafs- und/oder Rinderfarm) der Region, San Gregorio, besucht haben, setzen wir mit der Fähre auf die Insel Feuerland über. Davon haben wir lange geträumt. Nun ist einer der wichtigsten „Wendepunkte“ unserer Reise erreicht.
Und mit diesen Gedanke nehmen wir die Schotterpiste zur Westküste, um nach Porvenir zu gelangen. Die Piste ist in gutem Zustand, das Wetter wieder einmal zu gut, die Kilometer fließen dahin und damit auch die Gedanken, das Land, die Reise - und dann kommt sie, eine ganz unscheinbare Rechtskurve - ich gehe vom Gas, sehe das Schlagloch, weiche nach links aus, komme auf zu weichen Schotter und dann geht alles ganz schnell…
… das Heck bricht nach links aus - genau wie auf Eis – wir schlittern im 45 Grad-Winkel durch die Kurve. Gas weg, gegensteuern, auffangen, zu spät – wir rutschen vorne rechts schon in den wirklich tiefen Graben. Da fängt sich plötzlich das Heck und rutscht geradewegs auch in den Graben – was dann kommt, weiß keiner von uns mehr so genau. Wir waren zwar nun durch das Schlittern recht langsam, aber mit diesem Winkel im Graben hätten wir eigentlich umkippen müssen. Stattdessen rutscht der SCAM nun quer zum Graben entlang, die Vorderräder greifen plötzlich, die Front kommt aus dem Graben und Sekunden später auch das Heck …
… und mehr Adrenalin verkrafte ich wohl auch nicht mehr auf einmal ;-)
Also erstmal mitten auf der Straße anhalten, sehr tief Luft holen und das Fahrzeug auf Schäden untersuchen. Und Glück gehabt! Nein, definitiv mehr. Glück allein kann es wohl nicht gewesen sein, dafür war der Graben zu tief. Wenn es also einen sogenannten Schutzengel gibt, dann hat der wohl genau an dieser Stelle den rettenden Finger hingehalten, wo der SCAM eigentlich hätte umkippen müssen. Danke und nochmals Danke also an dieser Stelle an Christa (für den Porzellan!-Engel!!!!), Susanne (für ihren Glücksbringer) und an Sarah (für den Christopherus) ;-)
Mit diesem Gefühl erreichen wir also Porvenir und freuen uns zu hören, dass drei Tage später ein großes Fest mit Wett-Grillen zwischen Chilenen und Argentiniern stattfinden soll. Also beschließen wir kurzerhand eine kleine Ruhepause einzulegen (… die haben wir uns ja nun auch wirklich verdient, denn das Adrenalin war immer noch nicht ganz abgebaut) um dann am Tag des vermeintlichen Festes festzustellen, dass die Kassiererin im Supermarkt sich um eine Woche vertan hat… hoppla auch.
Aber alles ist nicht so schlimm, denn wir kommen dann später doch noch zu einem Grillfest, das einzigartig auf unserer Reise bleiben dürfte. Und das ganz unverhofft! Denn nachdem wir nach Porvenir ein paar Tage am wundervollen Lago Blanco verbracht haben und den winzigen Grenzübergang Bellavista überquert haben, erreichen wir in Argentinien die Stadt Rio Grande. Und hier erfahren wir, dass wir genau richtig angekommen sind, um die große Fiesta del Ovejechero (Fest des Schafhirten) zu besuchen. Das klingt mal spannend und erinnert an das Rodeo in Cerro Castillo – und stellt es dann auch noch voll in den Schatten.
Denn auf diesem Fest messen sich die Hirten mit ihren Hirtenhunden in einem Wettbewerb, bei dem sechs Schafe in drei Corrals getrieben werden müssen. Was die Hunde nach den Anweisungen des Schäfers hier leisten ist einfach genial und es macht nur Laune dabei zuzusehen. Zumal wir die einzigen Ausländer sind und neben einem Estancia-Besitzer parken, der deutsch-englische Vorfahren hat. Und dann kommt da ja noch das Asado (Grillfest) ins Spiel. Denn bei dem Wettbewerb findet das sicherlich größte Grillfest statt, das wir auf unserer Reise besuchen werden. Und es gibt das legendäre patagonische Lamm – selbst für den, der kein Lamm mag – sensationell fein! (Gina bitte ich, dieses Zugeständnis an „Fleischkonsum“ zu entschuldigen – und die Bilder ebenfalls!)
Die weiteren Tage verbringen wir dann an einem abgelegenen See mitten auf Feuerland, dem Lago Blanco, bevor wir uns langsam bis nach Ushuaia vorarbeiten. Hier am südlichsten Ende der „befahrbaren“ Welt genießen wir einfach nur die Landschaft, die Stimmung und das geniale Wechselspiel des Wetters. Ab jetzt werden wir es einfach nicht mehr erwähnen, weil es uns eh keiner mehr glaubt, aber wir haben einen sehr milden Spätsommer hier unten, der Wind ist nicht mehr so stark, jeden Tag scheint irgendwann die Sonne und wir haben bis zu 22 Grad tagsüber… Und dann besuchen wir auch noch die älteste und berühmteste Estancia Haberton an der Südküste. Der Besuch ist so interessant, dass wir anschließend selber ins Schwärmen kommen, und uns ausmalen, was wir wohl mit so einer Touristenattraktion anfangen würden, wenn wir sie denn führen dürften. Auf dem Rückweg in den Norden legen wir noch einen kurzen Stop bei Simon und Carolina mit ihren drei Mädchen ein. Die Familie haben wir ja beim Schäferfest kennengelernt, als wir neben ihnen parkten und sie haben uns dort spontan zu sich auf die Estancia Viamonte auf einen Café eingeladen. Der Besuch auf einen Café wird dann irgendwie auf ein Abendessen und tags darauf um eine Führung und einen Grillnachmittag ausgedehnt. Wir unterhalten uns prächtig und dabei kommt auch noch heraus.
Dass Simons Onkel der Besitzer von Haberton ist. Da haben wir natürlich eine Menge Gesprächsstoff und die Zeit verfliegt einfach so bevor wir unversehens wieder auf dem Festland angekommen sind.
Tja, und so haben wir wieder einmal einen wichtigen Teil unseres Abenteuers um viele Erfahrungen reicher abgeschlossen. Die Hälfte der Reise, sowohl zeitlich als auch von der Strecke her, haben wir also hinter uns. Schnell ist sie verronnen, die Zeit. Und viel haben wir gesehen und erlebt – vieles davon wird uns erst später so richtig bewusst werden – und für uns bleibt es spannend, was uns die nächsten neun Monate noch so bringen werden.
Für Euch hoffentlich auch!
Nachtrag:
An dieser Stelle noch ein Dank! Danke an die (unfassbar wenigen) fünf Spender, die das Geld erübrigen konnten und die Zeit aufgebracht haben, es zur Bank und zur Überweisung zu schaffen, um das Hundeprojekt in El Calafate zu unterstützen. Obwohl wir ja nur um fünf oder zehn Euro gebeten haben, kamen hier doch unglaubliche 190,- Euro vollkommen unerwartet zusammen. Wirklich nochmal herzlichsten Dank an Euch! Leider spiegelt sich hier genau das wieder, was wir nach dem „Verlassen“ von zu Hause erfahren haben – von vielen Menschen, von den man eher erwartet hätte zu hören kommt nix und dafür überraschen immer wieder die, von denen man es gar nicht erwartet hätte.
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